Leitfaden zur Preisgestaltung
Vorab kurz etwas zu Preisen für Übersetzungsdienstleistungen: Falls Sie sich etwas ratlos fühlen, was ein angemessener Preis für eine Übersetzung ist, machen Sie sich keine Sorgen. Es geht allen so. Vielleicht haben Sie sich schon einige Websites von Übersetzern angeschaut und die angegebenen Preise gesehen bzw. keine Preisangaben gefunden, und fühlen sich nun nicht schlauer, sondern verwirrter. Deswegen habe ich diesen Leitfaden erstellt, damit Sie bei der Suche nach einem guten Übersetzer ein paar Anhaltspunkte haben.
- Werden Übersetzungspreise nach Wörtern, Normzeilen oder Stunden gerechnet?
Im Grunde werden alle Abrechnungsarten genutzt. Übersetzer benutzen die obengenannten Preisberechnungsmethoden, um Ihnen dabei zu helfen, die Zeit und den Aufwand für eine Übersetzung im Voraus abzuschätzen. Ob ein Übersetzer nach Wörtern, Zeilen oder Stunden rechnet, hängt von der Art der Dienstleistung und den Besonderheiten der Sprachen, mit dem er oder sie arbeitet, ab.
Einige Übersetzungen werden nach Zahl der Wörter im Ausgangstext (Original) abgerechnet. Dies ist oft der Fall, wenn der Ausgangstext auf Englisch vorliegt. Um selbst zu sehen, wie viele Wörter Ihr Ausgangstext hat, können Sie die Wortzähl-Funktion von Word benutzen.
Manchmal werden auch Normzeilen als Berechnungsbasis für Übersetzungen verwendet. Eine Normzeile besteht aus 55 Anschlägen (inkl. Leerzeichen). Normzeilen werden oft verwendet, wenn die Ausgangssprache (die Sprache des Originals) lange zusammengesetzte Wörter hat. Deutsch ist so eine Sprache. Nehmen wir z.B. das deutsche Wort Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Das Wort könnte mit fünf Wörtern ins Englische übersetzt werden (motor vehicle third party insurance). Deutsche Texte enthalten nicht selten zahlreiche solcher Wörter, was zur Folge hat, dass die Anzahl von Wörtern als Schätzung für den Aufwand einer Übersetzung nicht gerade nützlich ist. Hier ist eine Berechnung nach Normzeilen viel aussagekräftiger. Um die Anzahl der Normzeilen in einem Text zu berechnen, nutzt man die Wortzähl-Funktion der Textverarbeitungssoftware, um die Anzahl der Anschläge (inkl. Leerschritte) zu ermitteln. Dann wird diese Gesamtzahl durch 55 geteilt. Beispiel: Der Ausgangstext hat 4.000 Anschläge (inkl. Leerschritte). 4.000/55 = 72. Ihr Text hat dann 72 Normzeilen. Wenn Ihr Übersetzer €1,40 pro Normzeile berechnet, kostet die Übersetzung €100,80.
Für Übersetzungsdienstleistungen, deren Aufwand schwer abzuschätzen ist, berechnen viele Übersetzer einen Stundensatz. Korrekturlesen z.B. ist schwer zu schätzen, weil die enthaltenen Fehler oft nicht erkennbar sind, ohne etwas Zeit mit dem Text zu verbringen. Übersetzungen von PowerPoint oder Marketingmaterialien wie Slogans oder Werbetexte werden häufig pro Arbeitsstunde bezahlt. Dies ist der Fall, weil solche Übersetzungen mit vielen zeitaufwendigen Überlegungen in Zusammenhang stehen. Bei einer PowerPoint-Präsentation muss das Layout des Textes selbst immer im Auge behalten werden, und in einem Werbetext gibt es vielleicht Wortspiele im Ausgangstext, die in der Zielsprache einfach nicht existieren. Wie man sich schon denken kann, brauchen solche Herausforderungen, die der Ausgangstext stellt, und die verbundenen translatorischen Überlegungen viel mehr Zeit als eine „normale“ Übersetzung. Daher werden sie meist pro Stunde abgerechnet.
- Wieso gibt es so große Preisunterschiede im Internet zu finden?
Wenn Sie schon im Internet nach marktüblichen Preisen geschaut haben, wundern Sie sich sicher, warum ein Übersetzer 3 Cent pro Wort verlangt und ein anderer Übersetzer 30 Cent. Die enormen Preisdifferenzen für Übersetzungsdienstleistungen haben viel mit der Tatsache zu tun, dass sich jeder, der ein Wörterbuch besitzt, Übersetzer nennen kann. Dies ist oft der Fall, wenn ein Übersetzer nur 2 oder 3 Cent pro Wort verlangt. Das Sprichwort „Wer billig kauft, kauft zweimal“ ist beim Kauf von Übersetzungsdienstleistungen wirklich angebracht, denn oft ist die Arbeit von solchen Billiganbietern nicht brauchbar. Am anderen Ende des Spektrums, z.B. wenn ein Übersetzer 30 Cent pro Wort verlangt, hat die Übersetzung einen sehr hohen Fachlichkeitsgrad, wofür ein tiefes Fachwissen benötigt wird (z.B. ein technisches Handbuch für eine Röntgenanlage). .
- Warum geben einige Übersetzer keine Preise auf ihrer Website an und warum geben andere Übersetzer Preisspannen an?
Einige Übersetzer nennen keine Preise auf ihrer Website, weil sie ihre Preise einfach nicht veröffentlichen wollen. Andere führen Preisspannen auf, damit sie jeden Text einzeln analysieren und den Preis dafür festsetzen können. Jeder zu übersetzende Text muss vom Übersetzer vorab gesichtet werden, und es gibt verschiedene Faktoren, die einen Einfluss auf den endgültigen Preis haben: Schwierigkeitsgrad, Textsorte und Format, Menge an nötiger Recherche, Verfügbarkeit von Recherchequellen usw. Ein weiterer Faktor, der den Preis stark beeinflussen kann, ist der Zuschlag, den viele Übersetzer für Eilübersetzungen und Arbeit außerhalb der normalen Geschäftszeiten verlangen. Ein Zuschlag kommt normalerweise auch vor, wenn der Text nur in einem nicht-editierbaren Format vorliegt, wie z.B. im PDF-Format. Dies bedeutet einen zusätzlichen Zeitaufwand für den Übersetzer und spiegelt sich im Preis wider.
- Wie kann ich sichergehen, dass mein Dokument von einem qualifizierten Übersetzer übersetzt wird, und dies zu einem Preis, den ich für angemessen halte?
Zur Beantwortung dieser Frage müssen zwei Aspekte beleuchtet werden: Erstens zu verstehen, was einen qualifizierten Übersetzer ausmacht, und zweitens wie Sie einen Preis für die Übersetzungsdienstleistung erzielen können, mit dem Sie sich wohlfühlen.
Zunächst zu der Frage, wie man überhaupt einen professionellen Übersetzer findet. Wie schon gesagt, kann sich jeder Übersetzer nennen, sodass die Entscheidung für einen passenden Übersetzungsdienstleister nicht immer leicht ist. Während die folgenden Kriterien keine Garantie dafür sind, dass ein Übersetzer nur hochwertige Übersetzungen anbietet (ein Übersetzer könnte alle der folgenden Kriterien erfüllen und einfach schlechte Übersetzungen anfertigen, oder er könnte keines der folgenden Kriterien erfüllen und trotzdem jahrelang hochwertige Übersetzungen angefertigt haben), können sie jedoch als Maßstab genutzt werden, um zu beurteilen, ob der Übersetzer seine Arbeit ernst nimmt.
1. Hochschulabschluss im Fach Übersetzen
Einen Hochschulabschluss zu haben, bedeutet, dass der Übersetzer mehrere Jahre lang in einem wissenschaftlichen Umfeld ausgebildet wurde. Eine formelle Ausbildung belegt, dass der Übersetzer Qualität einen so hohen Stellenwert beimisst, dass er einige Jahre seines Lebens in ein Übersetzerstudium investiert hat.
2. Mitgliedschaft in einem Übersetzerverband
Eine Verbandsmitgliedschaft ist ein gutes Zeichen der Professionalität, weil Übersetzer oft jährliche Beiträge zahlen müssen und eine Mitgliedschaft nur dann möglich ist, wenn man bestimmte Anforderungen erfüllt. Um z.B. in den BDÜ (Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer) aufgenommen zu werden, müssen Übersetzer belegen, dass sie entweder schon mehrjährige Erfahrung als Übersetzer haben oder dass sie einen Übersetzer-Hochschulabschluss von einer anerkannten Hochschule besitzen.
3. Spezialisierung
Bei der Suche nach einem Übersetzer ist es wichtig, einen Übersetzer zu finden, der auf das Fachgebiet Ihres zu übersetzenden Textes spezialisiert ist. Sagen wir z.B. Sie beauftragen einen Bauunternehmer mit dem Bau Ihres neuen Hauses und der Bauunternehmer bietet jede einzelne dazugehörige Leistung an: Fundament legen, Klempnerarbeiten, Elektroinstallation, Malereiarbeiten, Fliesenlegen usw. Sie hätten guten Grund dazu skeptisch zu sein, denn niemand allein hat die Expertise, jede dieser Leistungen professionell zu erbringen. So ist es auch mit dem Übersetzen. Seien Sie vorsichtig bei Übersetzern, die eine Spezialisierung in Wirtschaft, Recht, Technik, Medizin, Finanzwesen und Maschinenbau haben. Ein „Alleskönner“ wird wohl nicht in der Lage sein, Ihren Text mit derselben Qualität zu übersetzen, wie jemand, der sich auf dieses Fachgebiet spezialisiert hat.
4. Muttersprachler der Ausgangssprache / Korrektur durch Muttersprachler
Muttersprachler verstehen die Feinheiten der Sprache viel besser als Nicht-Muttersprachler. Sie haben ein besseres Gefühl für die Konnotationen eines bestimmten Wortes und wissen automatisch, welche Wörter in der Regel zusammengehören (sog. Kollokationen). Einige Übersetzer übersetzen auch in die Fremdsprache und lassen dann ihre Übersetzungen von einem Muttersprachler Korrektur lesen. Falls Sie auf der Website nichts dazu finden, ist es empfehlenswert nachzufragen.
Zweitens, zur Erzielung eines Preises, den Sie als angemessen betrachten, ist es wichtig, dass Sie sich überlegen, was Ihnen die Leistung wert ist. Sie werden immer einen Übersetzer finden, der es billiger macht. Aber bei jeder Billigübersetzung besteht auch die Gefahr, dass die Qualität nicht stimmt. Dies könnte Sie bzw. Ihre Firma letztendlich viel Geld und Zeit kosten. Das Knifflige an einer Übersetzung ist, dass wenn man kein Muttersprachler der Zielsprache (Sprache der Übersetzung) ist, ist es fast unmöglich die Qualität zu bewerten. Auch wenn Sie Französisch oder Englisch gelernt haben und über sichere Kenntnisse in diesen Sprachen verfügen, heißt dies nicht, dass Sie den Text genauso wie ein Muttersprachler lesen können. Es gibt vielleicht Grammatikfehler, die Sie nicht sehen können, oder Konnotationen, die nur ein Muttersprachler erkennt. Gerade deshalb ist es wichtig, einen Übersetzer zu beauftragen, dem Sie auch vertrauen.
Wenn jedoch der zu übersetzende Text für Sie oder Ihre Firma wertvoll ist, macht es viel Sinn von Anfang an in eine hochwertige Übersetzungsdienstleistung zu investieren, anstatt einen zweiten Übersetzer finden zu müssen und zweimal dafür zu bezahlen oder schlimmstenfalls die bereits aufgetretenen Kommunikationsprobleme aufgrund der schlechten Übersetzung zu bewältigen. Wenn der Text Ihnen etwas wert ist, lohnt es sich, einen Profi damit zu beauftragen.